Newsletter
Fon. 07151-9857889 (Mo - Fr: 9 -16 Uhr)
Gratis Versand in Deutschland ab 50 €

Trainiere wie Vince Gironda: Das 8×8-Training

veröffentlicht von Timo Konzelmann

Trainiere wie Vince Gironda Das 8 mal 8-TrainingEr war einer der frühesten Gurus der Bodybuildingszene und trainierte neben Superstars wie Larry Scott, Lou Ferrigno und Arnold Schwarzenegger auch diverse Schauspieler, darunter Größen wie Clint Eastwood und Denzel Washington. Sein bekanntestes Vermächtnis ist wohl das 8×8-Trainingssystem.

Langhantelkniebeugen? Führen zu überentwickelten Gesäßmuskeln! Langhantelbankdrücken? Sind eine minderwertige Brustübung und sorgen für eine unschöne, weibliche Form der Brust! Klingt verrückt? Für den Iron Guru Vince Gironda ganz und gar nicht. Gironda war in seinen Empfehlungen sehr speziell, teils unorthodox und exzentrisch, teils aber auch seiner Zeit weit voraus. So propagierte er bereits in den 60er Jahren die Bedeutung einer sportartenspezifischen Ernährung, die aus seiner Sicht den größten Teil des Erfolges eines Bodybuilders ausmache und befürwortete den massiven Einsatz von Supplementen. Alles zu einer Zeit, in der in der Regel der Fokus ganz klar auf das Training gelegt wurde. Auch wirken Aussagen, wie dass der Verzehr von großen Mengen an Eiern den gleichen Effekt habe wie die Einnahme von Dianabol, eher befremdlich. Neben der Etablierung von Übungen wie Sissy Squats und den Gironda Dips hat aber vor allem sein 8×8-Trainingssystem die Nachwelt anhaltend beeinflusst. Du hast noch nie von dem Mann gehört, der dem jungen Arnold ins Gesicht sagte: „Well, you sure look like a fat fuck to me!“ Kein Wunder, denn Vince war kein Selbstdarsteller. Umso lohnenswerter ist es, sich mit seinen Ideen auseinanderzusetzen.

Vom Marathonläufer und dem Sprinter

Gironda war ein großer Verfechter eines hochintensiven Trainings, wie er es nannte. Nun muss man mit diesem Begriff vorsichtig sein, denn die moderne Sportwissenschaft versteht unter Intensität etwas gänzlich anderes als Gironda es tat: Fasst man Intensität heute als Nähe zur maximalen Leistungsfähigkeit auf, so definierte Gironda Intensität im Sinne der Dichte des Trainings. Um dieses Konzept zu erklären, bemühte er eine Analogie zu Marathonläufern und Sprintern. Beide laufen, doch während der gemeinhin eher dünne Marathonläufer über eine lange Zeit viel Arbeit verrichtet, sind sowohl geleistete Arbeit als aber auch die dafür erbrachte Zeit beim deutlich muskulöseren Sprinter sehr viel geringer. Im Ergebnis verrichtet der Sprinter jedoch pro Zeiteinheit mehr Arbeit, er hat eine höhere Intensität im Sinne Girondas, man könnte auch Trainingsdichte sagen. Genau dieses Konzept übertrug er auf das Krafttraining.

Hohes Volumen, kurze Pausen

Gironda beschränkte sich keinesfalls auf das 8×8-Training, auf das wir gleich zu sprechen kommen. Vielmehr entwickelte er eine Vielzahl von Programmen, die im Kern alle eines gemeinsam hatten: ein sehr hohes Volumen bei gleichzeitig extrem kurzen Satzpausen von teils nur zehn Sekunden.

Sein erstes bekanntes System kennt man heute unter dem Namen German Volume Training: das 10×10-Training. Gironda stellte jedoch bald fest, dass die meisten Athleten körperlich nicht in der Lage waren, in einer Einheit mehrere Übungen in diesem Stil bei minimalen Pausen durchzuführen, sodass er dazu überging, das 10×10-Training als Spezialisierungstraining anzuwenden.

Anders sah es bei dem kaum minder anspruchsvollen 8×8-Training aus. Dabei werden pro Einheit zwei bis drei Muskelgruppen mit jeweils bis zu vier Übungen trainiert, alle im 8×8-Stil. Wer kurz nachrechnen will: Das sind bis zu 96 Sätze pro Einheit! Klingt völlig verrückt? Durchaus, vor allem wenn man bedenkt, dass die von Gironda angepeilte Pausenzeit für eine gesamte Übung kürzer ist als das, was heute viele zwischen zwei Sätzen in Anspruch nehmen. Dabei kommen im Grunde alle Arten von Übungen in Frage. Gängig war die Auswahl von komplexeren Übungen zu Beginn, gefolgt von Isolationsübungen am Ende.

Kummulative Belastung als Schlüssel

Ein solches Training fordert natürlich Opfer, vor allem im Bereich der zu bewältigenden Lasten. Für Gironda spielte das nie eine Rolle, die Arbeitsgewichte waren im gänzlich egal. Bodybuilding verstand er stets als „Creating an illusion“. Es ging ihm nie darum, die massivsten Athleten auf die Bühne zu schicken, sondern solche, die durch aus seiner Sicht perfekte Proportionen den Eindruck erweckten, die massivsten und ästhetischsten zugleich zu sein. Er warb für einen Körper, der geprägt war durch einen sehr niedrigen Körperfettanteil, breite Schultern, einer Plattenbrust, einem ausgeprägten V, einem flachen Bauch und eben nicht allzu dicken Beinen. Aber egal ob man dieses Ideal teilt oder nicht, spannend ist vielmehr, auf welchem Weg er das zu erreichen versuchtem nämlich dem Weg der kummulativen Belastung. Anders als später federführend von Arthur Jones propagiert, legte Gironda eben keinerlei Wert auf die Intensität, definiert im modernen Sinne des Begriffes. Dieses Konzept ist im Übrigen keineswegs überholt: MyoReps sind eine moderne Umsetzung desselben Gedankens, nämlich dem, dass es um die kummulierten Belastungsreize im Training geht, nicht um einige wenige Spitzenreize.

Fazit: Ein spannendes System – für Fortgeschrittene!

Wer sich an Girondas 8×8 heranwagt, sollte zu allererst sein Ego zu Hause lassen. Die bisherigen Trainingsleistungen sind in diesem System nicht einmal ansatzweise zu schaffen. Selbst wenn man sich langsam herantastet und anfangs die Pausenzeiten auf unter 30 Sekunden beschränkt, werden die Arbeitslasten massiv einbrechen. Gironda empfahl, dass man ein Gewicht wählen sollte, dass man unter normalen Umständen etwas 15 Mal bewegen könnte. Während die ersten Sätze noch recht gut gelingen sollten, sollte ab dem sechsten Satz zu spüren sein, dass das Limit immer näher rückt. Wer bereits nach dem zweiten oder dritten Satz Probleme bekommt, sollte das Gewicht reduzieren, wer im fünften oder sechsten Satz immer noch locker seine Wiederholungen abspult, das Gewicht erhöhen. Eine Steigerung erfolgt in diesem System gängigerweise nicht über eine Erhöhung des Gewichts, sondern über eine Reduzierung der Satzpausen. Auf diese Weise wird auch sichergestellt, dass das Training trotz des enormen Volumens in einer einigermaßen verträglichen Zeit zu absolvieren ist. Geht man von zwei Sekunden pro Wiederholung und zwanzig Sekunden Satzpausen aus, ist eine Übung in knapp fünf Minuten zu absolvieren.

Girondas 8×8 ist natürlich eine enorme Herausforderung und als solche für Anfänger per se nicht geeignet. Wer jedoch nach längerem Training stagniert und nicht weiterkommt, der kann dieses System nutzen, um Plateaus zu durchbrechen. Nur sollte er für ausreichende Getränke auf der Trainingsfläche sorgen und im Zweifel ein Ersatzshirt einpacken.

Autor: Thomas Koch www.ironhealth.de (Lizenzübernahme durch Übertragung Fitnessworld24.net auf Konzelmanns.de)