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Die besten Übungen – dank EMG-Messung?

Gibt es sie wirklich, die besten Übungen? Sind manche Übungen anderen einfach überlegen?

veröffentlicht von Timo Konzelmann

Die besten Übungen – dank EMG-Messung?

Gibt es sie wirklich, die besten Übungen? Sind manche Übungen anderen einfach überlegen? Diese Frage bewegt die Menschen schon seit vielen vielen Jahren. EMG-Messungen versprechen, eine Antwort zu geben. Was ist davon zu halten?

Die besten Übungen - dank EMG-Messung?

 

Bereits in der Antike beschäftigte man sich mit dieser Frage, suchte die exercicii optima, die besten und effizientesten Übungen. Heute tummeln sich im Web Artikel und Videos, die sich rühmen, eben diese gefunden zu haben. Doch was ist dran an der Sache mit den besten Übungen? Wie lässt sich die Qualität einer Übung bestimmen?

 

Den elektrischen Impulsen auf der Spur

Bereits seit den 60er Jahren wurde die Technik der Elektromyographie (EMG) im rehabilitativen Bereich verwendet, um die individuelle Muskelaktivität herauszufinden. Einzug ins nicht-rehhabilitative Training fand diese Technik jedoch erst in den 2000er Jahren durch zwei Studien von Bompa et al. (2002) und Boeckh-Behrens et al. (2005).

Bei einer EMG-Messung werden die elektrischen Impulse, die bei einer Muskelkontraktion auftreten, durch auf dem Körper angebrachte Elektroden gemessen. Die gemessenen Werte sind für sich genommen wenig aussagekräftig und unterliegen diversen äußeren Einflüssen wie Muskelmasse und Körperfettanteil. Spannend wird es jedoch, wenn man die Messwerte eines Probanden für verschiedene Übungen vergleicht.

 

Auf die Trainingsgestaltung kommt es an

Genau das taten die beiden oben genannten Studien für das Training der Brustmuskulatur, jedoch mit zum Teil unterschiedlichen Ergebnissen. Boeckh-Behrens et al. registrierten beim Flachbankdrücken mit der Langhantel den höchsten EMG-Wert, gefolgt von Kabelziehen über Kreuz, Flachbankdrücken mit Kurzhanteln und Überzügen. Bompa et al. hingegen stellten beim Flachbankdrücken mit Kurzhanteln den höchsten Messwert fest, gefolgt vom Flachbankdrücken mit der Langhantel. Sehr starke Abweichungen gab es überdies bei Kurzhantelfliegenden auf der Flachbank. Bompa et al. registrierten hier Werte, die grob ein Viertel höher waren als die von Boeckh-Behrens et al., was durchaus beachtlich ist. Allgemein waren die Unterschiede zwischen den EMG-Werten der einzelnen Übungen bei Bompa et al. deutlich geringer als bei Boeckh-Behrens et al.

Ein wesentlicher Grund für diese Unterschiede dürfte die Trainingsvorgabe sein: Bompa et al. ließen ihre Probanden im Bereich von 80 Prozent des 1 RM bis zum Muskelversagen trainieren, Boeckh-Behrens et al. hingegen hielten ihre Probanden an, ein Gewicht zu wählen, mit dem sie normalerweise zwölf Wiederholungen schaffen würden, jedoch nur drei auszuführen. Diese Unterscheidung ist wiederum spannend bezüglich der Interpretation der Ergebnisse. Vereinfach lässt sich sagen, dass bei einem Training bis zum Muskelversagen die Übungsauswahl wohl weniger von Relevanz ist, da ab einem gewissen Punkt (fast) alle Muskelfasern rekrutiert werden müssen. Bei einem Training im submaximalen Bereich zeigen hingegen die Übungen die größte Muskelfaserrekrutierung, bei denen das höchste Startgewicht aufgelegt wird.

 

Die Bedeutung unterschiedlicher Trainingswinkel

Eine weitere Frage, die häufig diskutiert wird und sich mit EMG-Messungen recht gut beantworten lässt, ist die Frage nach dem Nutzen unterschiedlicher Winkel. Bringt beispielsweise Schrägbankdrücken tatsächlich mehr für die obere Brust als Flachbankdrücken? Mit dieser Frage beschäftigt sich eine Untersuchung von Glass et al. (1997). Das Ergebnis: Entgegen der weit verbreiteten Meinung war die Aktivität des oberen Anteils (pars clavicularis) des großen Brustmuskels beim Schrägbankdrücken mit der Langhantel (+45 Grad) 18 Prozent niedriger als beim Negativbankdrücken mit der Langhantel (-15 Grad). Der Hintergrund: Beim Negativbankdrücken kann deutlich mehr Gewicht bewegt werden als beim Schrägbankdrücken. Etwaige Vorteile des Winkels werden davon überschattet.

An der Stelle kommt nun das große Aber: Die Abweichungen zwischen einzelnen Probanden waren in allen genannten Studien beachtlich, allen voran bei der EMG-Messung der Beinpresse von Boeckh-Behrens et al., bei der manche Probanden eine bis zu viermal so starke Aktivierung der Quadricepsmuskulatur erreichten als andere.

 

Fazit: Die besten Übungen für jedermann gibt es nicht!

Auf Basis von EMG-Messungen lassen sich keine pauschalen Empfehlungen für Übungen treffen. Festhalten kann man einzig, dass beim Training im submaximalen Bereich Übungen zu bevorzugen sind, die eine hohe Ausgangslast ermöglichen. Damit enden aber auch schon die allgemeingültigen Aussagen, wie die Studie von Boeckh-Behrens eindrucksvoll beweist.

Der einzige Weg, über EMG-Messungen aussagekräftige Hinweise für die Trainingsplanung zu erhalten, bestünde in einer individuellen Analyse des jeweiligen Trainierenden. Ob der Aufwand sich jedoch lohnt, darf guten Gewissens hinterfragt werden. Auf das eigene Körpergefühl zu vertrauen, ist hier vermutlich die günstigere und vielleicht auch bessere Lösung.

 

Literatur

Boeckh-Behrens et al.: Fitness- und Krafttraining. Die besten Übungen und Methoden für Sport und Gesundheit. 9. Auflage. Rohwolt, Hamburg. 2005.

Bompa et al.: Serious Strength Training. Ed. 2, illustriert. Human Kinetics. 2002.

Glass et al.: Electromyographical Activity of the Pectoralis Muscle During Incline and Decline Bench Press. Journal of Strenfth and Conditioning Research, 1997, 11(3). 163-167.

Autor: Thomas Koch www.ironhealth.de (Lizenzübernahme durch Übertragung Fitnessworld24.net auf Konzelmanns.de)